Israeldelegation

Vom 14. bis 22. Juli wurde eine Delegation der Falken von unserer Partnerorganisation der Ajyal nach Israel eingeladen. Kurzfristig fanden auch aus Thüringen ein paar Leute die Zeit um Teil der Delegation zu sein.

Der Besuch in Israel war für alle eine ganz besondere Erfahrung. Ein Teilnehmer berichtet dazu:

Für mich war Israel die bislang krasseste Erfahrung bei den Falken. Ich beschäftige mich bereits seit Jahren mit dem Land, mit der Geschichte, mit der Verantwortung als Teil der deutschen Linken und mit Perspektiven auf Antisemitismus. Der Konflikt um die Frage nach Israel und Palästina, dem Streitthema Nr. 1, zu dem ich eine klare israelsolidarische Haltung habe, war auf dieser Reise erfahrbar. Mir war bewusst, worauf ich mich einlasse und dass ich sicherlich Stimmen höre, die meine Haltung dazu in Frage stellen werden. Dachte ich. Obwohl der Konflikt immer und überall in Israel gegenwärtig ist – ich denke da an die vielen IDF-Soldat*innen, an die Grenzkontrollen, an gewalttätige Auseinandersetzungen usw. – war der Konflikt eigentlich kaum das Ausschlaggebende Thema. Ich war dort auf der Suche nach Antworten und bin zurück mit mehr Fragen denn je.

In Tel Aviv angekommen, verbrachten wir die ersten zwei Tage in einer sehr gespaltenen Stadt. Der kapitalistische Klassenunterschied war an jeder Ecke zu sehen. Während wir abseits der Tourimeile durch marode Gassen an wirklich armen Menschen vorbeigingen, ragte am Horizont eine Skyline empor, die mich an Frankfurt oder an andere Finanzmetropolen erinnerte. Selbst wir konnten uns beim Späti höchstens mal ein Getränk leisten, ne Coke für umgerechnet 6 €. Lebensmittel und Getränke waren derart teuer, dass wir überlegen mussten wie wir mit den Finanzen klarkommen. Gut, dass es für so einen Austausch Fördermittel gibt. Im dennoch wunderschönen Tel Aviv trafen wir eine Genossin der Ajyal, um uns auszutauschen und die nächsten Tage zu besprechen.

Anschließend ging es weiter zum Sommercamp der Ajyal ganz in den Norden nach Golan. Wir wurden vom Bus abgeholt und unser Fahrer fuhr mit uns einen kleinen 5-Minütigen Umweg zur Grenze zum Libanon. Eine riesige Mauer sichert Israel. Von dort aus 10 Minuten zum Camp. Die Berge auf der einen Seite gehören zum Libanon, die Golanhöhen auf der anderen Seite sind offiziell Syrisches Gebiet aber unter Israelischer Kontrolle, wobei die USA diese als Israelisches Gebiet anerkennt. Von hier wurden Jahrzehnte lang Raketen auf Israel, insbesondere auf Kibbuze gefeuert. Gerade einmal 5 Minuten weit weg. Gut, dass das derzeit anders ist, dachte ich mir. Das Camp war spannend, wir machten eine Flusswanderung, lernten die Leute von der Ajyal kennen, brachten Kids das Pogen bei und boten ein Spiel an, bei dem wir unsere Gastgeschenke übergeben konnten. Die Ajyal hat Gastfreundschaft neu erfunden, es gab extra ein Programm nur für uns. Wir schliefen bei über 25°C unter freiem Himmel in Mosquitonetzen und alles war perfekt. Gespräche über die Konflikte in Israel sind wenig entstanden. Wohl auch, weil die Ajyal ein arabischer Jugendverband ist und von staatlicher Seite keine Unterstützung erfährt. Was hier jedoch deutlich wurde ist der Konflikt um staatliche Anerkennung von arabischen Organisationen.

Nach dem Camp dann nach Jerusalem. Wir trafen Genoss*innen vom Willy-Brandt-Center, welches in der roten Zone liegt und deshalb einen besonderen Begegnungsort für jüdische und arabische Menschen in der Stadt schafft. In der Ferne ein Schuss. Vermutlich nur eine Hochzeit, die Warngruppen auf Telegram blieben ruhig. Wir gingen durch die Altstadt und standen vor der Klagemauer. Ein komischer Ort. Hier wurde uns besonders die Tragweite der religiösen Konflikte deutlich vor Augen geführt. Zwischen dem Tempelberg, den wir nur über eine provisorische Holzbrücke und nur zu kurzen Besuchszeiten am frühen Morgen betreten dürften, über antifeministische Geschlechtertrennung an der Mauer, dem täglichen Antisemitismus am Damaskusgate bis hin zu einigen ultraorthodoxen jüdischen Menschen die Fortschritt und Technik aufs schärfste ablehnen. Die Altstadt ist nach Religionszugehörigkeit seperiert.

Dann Jad Vashem, die zentrale Shoah-Gedenkstätte in Israel. Wirklich beeindruckend und ein klares Symbol für den Schutzstaat Israel. Hier wird die Tragweite von Antisemitismus deutlich und die Frage danach wie legitim der Staat Israel ist, verschwindet in Anbetracht der Geschichte der Vernichtung von Jüdinnen* und Juden* in der Bedeutungslosigkeit. Israel ist der Zufluchtsort für Jüdinnen* und Juden*.

Dann wieder zurück in Tel Aviv. Dort Hatten wir ein Treffen mit einem Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Stiftung. Das Gespräch ging um sozialistische Strömungen in Israel. Hier haben wir vieles zur Kibbuz-Bewegung gelernt und diskutiert. Das hat uns nachdrücklich beeindruckt. Gleichzeitig mussten wir aber auch feststellen, dass die anderen Konflikte in Israel jede Bemühung von sozialistischen Bewegungen in den Schatten stellen. Solange diese Konflikte so hegemonial sind, steht es um linke Ideen in Israel genauso schlecht wie überall anders auf der Welt.

Natürlich ist diese Erzählung nicht vollständig und lässt viele Aspekte von allen Konflikten einfach außer Acht. Es ging mir lediglich darum einen kurzen Überblick über die Delegationsreise und welche Themen uns beschäftigten zu geben. Für mich steht fest, ich will mehr erfahren und will unbedingt noch einmal wiederkommen.